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Auf die Bauplätze, fertig, los!

Datum
6. Februar 2024

Am 25. Januar 2024 lud ZirkuLIE, die von der Stiftung Lebenswertes Liechtenstein gegründete Wissens- und Netzwerkplattform für zirkuläres Bauen, zum Neujahrsapéro nach Nendeln. Ein gelungener Startschuss für alle, die sich aktiv für mehr Kreislaufwirtschaft und zirkuläres Bauen im Land einbringen wollen.

Das „Engel“ als Veranstaltungsort war wohl nicht zufällig gewählt: Das ehemalige Traditionshotel in Nendeln öffnete auf Privatinitiative erst vor rund einem Jahr wieder die Pforten und wird seither regelmässig als Kulturlokal für Veranstaltungen genutzt: ein gutes Beispiel dafür, wie selbst ältere Gebäude wieder zum Leben erweckt werden können.

Das Foyer ist bereits gut gefüllt. Neben einigen Vertreter:innen des Stiftungsrats und allen Mitarbeitenden der Geschäftsstelle der Stiftung Lebenswertes Liechtenstein haben sich auch interessierte Politiker:innen, verschiedenste Expert:innen aus der Baubranche sowie alle acht Fachleute aus der Kerngruppe von ZirkuLIE eingefunden.

„Wow, hoffentlich haben wir hier alle genug Platz“, ist S.D. Prinz Max von und zu Liechtenstein als Stiftungsratsvorsitzender gleich zu Beginn seiner Begrüssungsrede von der grossen Zahl an Teilnehmer:innen angetan. Er bedankt sich für das Kommen und betont vorweg, wie wichtig es ist, auf die Herausforderungen unserer Zeit die nicht immer einfachen Antworten zu finden. Die Stiftung sei mit Hilfe des stetig wachsenden Netzwerkes und der engagierten Kooperationspartner:innen bereit, ihren Beitrag dafür zu leisten.

Stiftungsrat Fabian Frick, Co-CEO der Hoval Gruppe, übernimmt als nächster das Wort und kommt ohne Umschweife auf den Kern der heutigen Veranstaltung. Bereits in den ersten, von der Lenum AG organisierten Workshops habe man schnell ein wichtiges Handlungsfeld ausgemacht: „Der Bau verursacht hierzulande rund 90% aller Äbfalle.“ Obwohl liechtensteinische Baufirmen aus Eigeninitiative bereits viel dagegen tun, „brenne“ das Thema nach wie vor. Für Fabian Frick gehe es unter anderem darum, diese Problematik auch unternehmerisch sinnvoll zu lösen. Mit konkreten Massnahmen und echten Profis, die in diesen Prozess eingebunden sind.

Eine solche Fachfrau ist Marloes Fischer von der in Zürich ansässigen Wissens- und Netzwerkplattform Circular Hub. Die studierte Kommunikationswissenschafterin ist seit den Anfängen von ZirkuLIE dabei und unterstreicht in ihrer Keynote die Dringlichkeit, gerade im Bauwesen möglichst rasch in Richtung Zirkularität zu kommen: „Weltweit ist die Baubranche für rund 40% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.“ Es gelte daher den Ansatz zu verfolgen, Ressourcen möglichst lange und mit höchstmöglichem Wert zu nutzen. Für Marloes Fischer ist ZirkuLIE ein wegweisendes Projekt, wie man mutig und innovativ möglichst viele Akteur:innen entlang der Wertschöpfungskette in den dafür notwendigen Prozess einbinden und so auch gegenseitiges Verständnis und eine gemeinsame Vision entwickeln kann. Nicht nur von politischer oder gesetzlicher Warte aus, sondern auch im Alltag konkret umgesetzt und gelebt.

Projektleiterin Clarissa Rhomberg verdeutlicht anschliessend, nach welchen Grundsätzen ZirkuLIE diese Ziele verfolgt. Als wesentliche Ansatzpunkte skizziert sie dabei, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft zusammenzubringen und das bereits vorhandene Wissen sowie die gemachten Erfahrungen miteinander zu teilen und gemeinsam darauf aufzubauen. Neben der Vernetzung und der Sensibilisierung für das Thema geht es um das Befähigen und letztlich um die Umsetzung: das Implementieren von Zirkularität im Bauwesen, um konkret entsprechende Projekte realisieren zu können. Wesentliche „menschliche Bausteine“ und Herzstück auf dem Weg dorthin, sind die insgesamt acht Fachleute einer Kerngruppe, die auf unterschiedlichen Ebenen diese Entwicklung begleiten, koordinieren und vorantreiben sollen.

Moderator Peter Beck bittet zunächst drei Vertreter:innen dieser Kerngruppe auf die Bühne, die jenen Prozess mehrheitlich auf Praxisebene unterstützen: Regina Steck, Architektin und Mitarbeiterin der Lenum AG, Elmar Kindle, Geschäftsführer und Mitinhaber des Ingenieurbüros Hoch & Gassner sowie Beat Foser, Inhaber der gleichnamigen Baufirma in Balzers. Auf die Frage, aus welcher Motivation man Teil dieser Kerngruppe geworden sei, kommen erfrischend klare Antworten. „Mich motiviert die Möglichkeit, persönlich vieles zum Gelingen in Richtung mehr Zirkularität beitragen zu können“, erklärt etwa Regina Steck. Für Elmar Kindle geht es vorrangig darum, nicht nur darüber zu reden, sondern den nötigen Prozess auch aktiv mitzugestalten. Mitten in jenem Lebensraum, den man kennt und liebt und für den man auch Verantwortung zu tragen hat. Beat Foser, der sich im eigenen Betrieb bereits seit rund 20 Jahren mit dem Thema beschäftigt, freut sich darüber, dass nach viel Ernüchterung in Sachen zirkuläres Bauen endlich neuer Schwung und frischer Wind weht. Alle drei Expert:innen sind sich einig, dass es mehr mutige und innovative Bauherren sowie ein Umdenken braucht: von der Ausschreibung von Bauprojekten über deren Planung bis zu Nutzungsdauer und Multifunktionalität von Gebäuden.

Anschliessend sind zwei weitere Fachleute am Wort, die Moderator Peter Beck mehr auf einer Metaebene verortet: ebenfalls Kerngruppen-Mitglied Gernot Schubert, Sustainability Program Manager bei der Hilti Group, sowie Anja Bundschuh von Circular Hub. Die Kommunikationsstrategin bemerkt eine positive Entwicklung: „Googelte man vor etwa fünf Jahren den Begriff ,Zirkularität‘, kam nicht viel. Gibt man den Begriff allerdings heute ein, erscheinen gleich hunderte Seiten. Das Thema ist angekommen, es läuft aktuell auch auf Gesetzesebene wirklich viel.“ Aber auch für Anja Bundschuh steht und fällt alles mit der Umsetzung. „Wir müssen ins Tun kommen und alles Wissen zusammenspannen. Es geht ausserdem um mehr Transparenz und das Sammeln von hilfreichen Daten.“

Auch Gernot Schubert spürt eindeutig Rückenwind: „Nachhaltiges, zirkuläres Bauen ist in unserem Unternehmen bereits ein Riesenthema. Freiwillig und nicht nur aufgrund von gesetzlichen Vorgaben. Das Spannende daran: Man erkennt bei einzelnen Projekten und Initiativen eine Art Dominoeffekt stromaufwärts – entlang der gesamten Wertschöpfungskette.“ Etwas, was sich laut dem Hilti-Manager mittlerweile sogar in beträchtlichen Kosteneinsparungen niederschlägt.

Gute und Erfolg versprechende Aussichten also, die ZirkuLIE-Projektleiterin Clarissa Rhomberg abschliessend noch mit bereits laufenden Projekten und zukünftig geplanten Aktivitäten untermauert, ehe sie sich bei allen Teilnehmer:innen für das zahlreiche Erscheinen und Mitwirken herzlich bedankt.

Mit einer Stärkung aus der vom Verein Ackerschaft gegründeten Ackerküche, die ihre Köstlichkeiten laut Eigendefinition „radikal regional“ ausschliesslich aus heimischen, saisonalen Zutaten zubereitet, geht der Apéro zu seinem informellen Teil über. Zu den kulinarisch wohlschmeckenden Häppchen hat sich dabei für alle spürbar noch etwas anderes gesellt: eine wohltuende Portion Aufbruchstimmung.