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Jäger der verborgenen Schätze

Datum
13. August 2024

Das Bauunternehmen Wilhelm Büchel AG hat früh damit begonnen, Aushub- und Rückbaumaterial wiederzuverwerten und nicht einfach auf Deponien zu bringen. Seit sechs Jahren ist dort Matthias von Rotz als Leiter Spezialtiefbau und Rückbau für diesen Bereich zuständig. Und seit 2024 verstärkt er mit seinem umfangreichen Praxiswissen die Kerngruppe von ZirkuLIE.

Das kleine Büro liegt mitten im Industriegebiet Schaanwald-Mauren. Von hier aus dirigiert Matthias von Rotz seine 12-köpfige Mannschaft, die im Unternehmen speziell für Rückbauten und technisch anspruchsvolle Tiefbauprojekte in Liechtenstein und dem St. Galler Rheintal tätig ist. „Sommer ist bei uns Hochsaison. Heuer machen uns allerdings die vielen Regenphasen etwas zu schaffen“, erzählt der 39-jährige Schweizer zur Begrüssung, der seit fünf Jahren im Liechtensteiner Unterland lebt.

Sein Zeitplan an diesem trockenen und warmen Sommertag ist daher verständlicherweise eng durchgetaktet. „Von 6 bis 8 Uhr früh widme ich mich normalerweise der Büroarbeit, bevor es auf die einzelnen Baustellen geht“, gibt Matthias Einblicke in seinen Arbeitsalltag. Heute macht er sich aber zunächst noch auf den Weg zu einem der Herzstücke in Sachen Wiederverwertung: dem Betonwerk in Bendern. Hier nahe am Rheindamm herrscht rund um die Uhr reger Betrieb. Praktisch im Minutentakt bringen LKWs Aushub- oder Rückbaumaterial, das danach in einer riesigen Anlage gewaschen und feinsäuberlich nach Grösse und Beschaffenheit sortiert wird, ehe daraus vor Ort wieder Beton hergestellt wird. Aus den pro Jahr fast 100.000 Tonnen Material, das hier zur Wiederverwertung statt nur zur Endlagerung auf Deponien landet, werden insgesamt 23 Betonarten hergestellt – in unterschiedlichster Güte und für die verschiedensten Verwendungszwecke.

„Das gesamte angelieferte Material stammt von eigenen Baustellen. Dort passiert in der Regel bereits das wichtige und mitunter auch sehr arbeitsintensive Vorsortieren – also das Entfernen von Plastik, Eisen, Holz und anderen Stoffen wie etwa Dämmungen oder Steinwolle“, erklärt der Rückbau-Experte, als er über das Firmengelände führt. Von den Baustellen kommt das meiste vorab in eine Lager- und Aufbereitungshalle nach Sennwald, wo das Material nach Bedarf noch gebrochen wird. Alles, was danach nach Bendern geliefert wird, ist daher bereits hochprozentig wiederverwertbar.

Matthias deutet auf die riesige Waschanlage, von der ein Förderband direkt zum Betonwerk führt: „Aus den einzelnen, exakt nach Korngrösse und Beschaffenheit aufgesplitteten Materialien können wir dann wieder die unterschiedlichsten Betonarten produzieren. Gut 80 bis 90% davon verwenden wir übrigens wieder selbst. Wir bereiten zudem die dafür benötigen Wassermengen gleich mehrfach auf“, unterstreicht Matthias sowohl die Bedeutung als auch die Nachhaltigkeit der in dieser Ausbaustufe seit rund sieben Jahren bestehenden Anlage.

Vorbei an entgegenkommenden, vollbeladenen LKWs geht es dann zu einer Baustelle in Oberbendern. Der gelernte Hoch- und Tiefbaupolier führt zu einem Platz, wo gerade der Aushub für zwei Mehrfamilienhäuser gemacht wird. Ein 40 Tonnen schwerer Bagger spitzt sich dort gerade durch schweren Fels, während ein anderer ein altes Kran-Betonfundament aufarbeitet, das noch von einer ehemaligen Baustelle nebenan stammt. „Hier sieht man schön, wie wir sowohl Material aus Aushub als auch aus Rückbauten für die Wiederverwertung gewinnen“, verdeutlicht Matthias das Geschehen. Er bückt sich und nimmt zwei am Boden liegende, aus dem Fels gehauene Steine in die Hand. „Material wie dieses ist extrem wertvoll und wird etwa als Unterbau im Strassenbau benötigt.“

Nach einem kurzen Gespräch mit dem Bauherrn geht es zurück ins Schaanwalder Büro. Während der kurzen Fahrt erzählt Matthias, wie er auf ZirkuLIE aufmerksam geworden ist: „Im Zuge eines Rückbaus in Vaduz bin ich mit Simon Egger ins Gespräch gekommen, der mir von der Aktion ,Fenster für die Ukraine‘ erzählte. Wir haben damals als Unternehmen spontan beschlossen, die Kosten für den Ausbau der dortigen Fenster zu übernehmen. Ja, und schliesslich hat sich aus dieser Zusammenarbeit auch ergeben, dass ich Mitglied der ZirkuLIE-Kerngruppe geworden bin.“

Es ist bereits später Nachmittag, als der vielbeschäftigte Bauexperte im Büro vor dem Computer sitzt. Nach zwei kurzen Telefonaten legt er mehrere Farbfotos auf den Besprechungstisch. Bilder von verschiedenen Projekten und Baustellen, die er als Wilhelm Büchel AG-Mitarbeiter in den letzten Monaten und Jahren erfolgreich durchgeführt hat. Darunter neben einigen umfangreichen Rückbauten von grossen Firmengebäuden inmitten dicht bebauter Gebiete auch herausfordernde Böschungssicherungen für Strassen und Gebäude. Als Matthias von den technisch herausfordernden Projekten spricht, spürt man förmlich, wie sehr er sich mit seinem Beruf identifiziert und mit welcher Begeisterung er diesen nach wie vor ausübt.

Wo sieht er abseits der persönlichen Begeisterung eigentlich die grössten Herausforderungen, was zirkuläres Bauen und die Wiederverwertung alter Baumaterialien betrifft? „In den meisten Köpfen ist die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit dafür zweifellos bereits angekommen und auch, wie viel recycelbar und gut wiederverwertbar ist. Die Schwierigkeit liegt meiner Ansicht nach aber darin, die damit verbundenen Kostenfaktoren wie Zeit, Transport, Zwischenlagerung oder den zusätzlichen Arbeitsaufwand in den Griff zu bekommen, damit es auch rein wirtschaftlich Sinn macht. Und natürlich auch, dass vom Bauherrn über den Architekten bis zur Baufirma wirklich alle Beteiligten gemeinsam an einem Strang ziehen“, ist sich Matthias sicher.

Ein kurzer Blick auf die Uhr. Die Zeit drängt, der vielbeschäftigte Bauexperte muss noch dringend auf eine Baustelle. Eine letzte Frage noch: Was hofft er als neues Mitglied der ZirkuLIE-Kerngruppe, konkret beitragen zu können? Nach kurzer Nachdenkphase kommt die Antwort mit einem überzeugten Lächeln: „Ich will meine Erfahrungen und mein Wissen als Praktiker einbringen und helfen, dass möglichst wenig Material aus Aushub und Rückbauten verlorengeht, damit möglichst viel für die Wiederverwertung gerettet wird.“ Keine leeren Worte, sondern für Matthias von Rotz gelebter Arbeitsalltag.